Gedanken zum Sonntag Jubilate 25.4.2021

 Wochenspruch zum Sonntag Jubilate: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. (2. Korinther 5, 17).

Sündenbekenntnis: Immer wieder haben wir Grund zur Freude über neues Leben. Neues Leben in uns und um uns. Aber immer wieder bleibt uns der Jubel im Hals stecken, weil Bilder von Krieg, Hunger und Krankheit übermächtig sind. Immer wieder mündet der Jubel über Gottes Schöpfung in eine Klage über ihre Zerstörung. Gott, wir bitten dich: Komme zu uns, mache uns zu Menschen, die anderen Grund zum Danken, Singen und Jubeln geben.
Gebet: Ein neues Leben hat in der Auferstehung Christi begonnen. Doch wir leben immer noch in dem alten Leben. Wir fürchten den Tod und klagen über die Zustände unserer Welt. Lass uns neu auf dich hören, Gott, und die Spuren des neuen Lebens sehen lernen, das du unter uns wachsen lässt durch deinen Geist. Führe uns ein in dein neues Leben. Gib uns Mut, dich zu loben in dieser unvollkommenen Welt. Komm zu uns durch deinen Sohn Jesus Christus, der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Predigt zu 2 Korinther 4,16-18

Eine Frau liegt im Sterben. Sie weiß, was auf sie zukommt und ruft ihren Pfarrer zu sich, um mit ihm die Beerdigung zu besprechen. Das tun nur sehr wenige Leute in den letzten Tagen ihres Lebens, aber diese Frau will alles in Ordnung haben, so, wie sie es sich wünscht. Sie sagt ihm, wie der Ablauf sein soll und welche Lieder gesungen werden sollen. Dann sagt sie zu ihm etwas Ungewöhnliches: „Achten Sie bitte drauf, dass ich im Sarg einen Löffel in der Hand habe“. „Warum denn das? Einen Löffel in der Hand?“, erwiderte der Pfarrer erstaunt. „Wissen Sie“, sagte die Frau, „einer der schönsten Augenblicke meines Lebens war immer der, wenn es bei einem feinen Essen hieß: Bitte behalten Sie Ihren Löffel. Denn da wusste ich, dass es noch Nachtisch gab. Ich bin eine leidenschaftliche Nachtisch-Esserin.“ „Ja, und?“ meinte der Pfarrer, „warum der Löffel im Sarg?“. „Sehen Sie, dieser Löffel drückt für mich den Glauben aus, dass das Beste noch vor mir liegt, gerade weil ich nicht mehr lange zu leben habe. Ich bitte Sie, darüber bei meiner Beerdigung zu predigen.“ antwortete die Frau.
Eine ungewöhnliche Geschichte, die sich da zugetragen hat, aber eine sehr eindrückliche Geschichte. Der Löffel in der Hand macht deutlich: Das Beste kommt noch. Im Glaubensbekenntnis sprechen wir: Ich glaube an die Auferstehung der Toten. Ist uns das bewusst? Glauben wir das wirklich, oder sprechen wir das einfach so, weil es halt dazu gehört? Sprechen wir das Glaubensbekenntnis mit, weil wir es eben einmal auswendig gelernt haben? Glauben wir, dass es Nachtisch gibt, dass das Beste noch kommt oder wird bei uns nach dem Essen und nach dem Leben gleich alles abgeräumt und das war es dann? Viele Menschen leben nach der Richtlinie, dass das Leben ausschließlich hier stattfindet. „Da kommt nichts mehr. Ich habe meine 70 oder 80 Jahre, und das war es dann.“ Wenn ich das glaube und das alles ist, dann hat das zur Folge, dass ich alles in diese wenigen Jahre meines Lebens hinein packen muss, denn mehr gibt es ja dann nicht. Für manche Menschen ist das Stress, denn sie müssen das Leben ja genießen und die Zeit nutzen, die ihnen das Leben gibt. Der Terminkalender ist voll, und es geht häufig mehr um mich als um andere. Andere leben einfach so dahin und versuchen das Beste daraus zu machen. Und wieder andere stöhnen und seufzen über das Leben, das ihnen hart zusetzt. Und dann fragen sich am Ende viele: Und das soll alles gewesen sein? Die Bibelstelle für diese Predigt weist über diesen Horizont hinaus. Sie eröffnet eine Perspektive für Zeit und Ewigkeit. Der Apostel Paulus schreibt in seinem zweiten Brief an die Gemeinde in Korinth in 4. Kapitel: Wir werden nicht müde; sondern wenn auch unser äußerer Mensch aufgerieben wird, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert. Denn die kleine Last unserer gegenwärtigen Not schafft uns in maßlosem Übermaß ein ewiges Gewicht an Herrlichkeit, uns, die wir nicht auf das Sichtbare starren, sondern nach dem Unsichtbaren ausblicken. Denn das Sichtbare ist vergänglich, das Unsichtbare ist ewig.
Paulus weist hin auf die über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit und ermutigt uns, nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare zu sehen. Also nicht auf das, was hier in unserem Leben zählt, nicht auf Geld, auf Leistung, auf materiellen Besitz, sondern auf das, was Ewigkeitswert hat. Er weiß, das Leben ist nicht leicht und das Leben als Christ auch nicht. Müdigkeit und Resignation greifen um sich. Schaut inmitten von Trübsal, so heißt es hier, inmitten von Müdigkeit und Resignation auf das Unsichtbare, sagt er. Bleibt nicht bei dem stehen, was euch herunterzieht und euch den Mut raubt. Er kennt uns Menschen. Er weiß, dass wir eher die Probleme, die Sorgen und den Mangel in unserem Leben sehen oder anders gesagt, dass wir eher das Glas halbleer als halbvoll sehen. Schaut nicht darauf, sondern habt das im Blick, was ihr nicht sehen könnt, Jesus und die kommende Herrlichkeit. Vor drei Wochen war Ostern, der Sieg des Lichtes über die Dunkelheit, Sieg des Lebens über den Tod. Damit ist auch der Glaube an unsere Auferstehung verbunden, und dass Jesus uns Anteil gibt an seiner Herrlichkeit. Das Tor zum Leben und zur Ewigkeit wurde aufgeschlossen für uns. Das ist die Perspektive, mit der wir leben. Diese Perspektive lässt anders auf dreifache Art und Weise leben. Sie gibt 1. Vorfreude, sie gibt 2. Kraft und sie lässt 3. anders sterben. Sie gibt Vorfreude.
Kennen Sie das Gefühl, wenn ein schönes Ereignis endlich in greifbare Nähe rückt? Da beginnt man in allem, was bis dahin zu erledigen ist, aufzublühen angesichts der schönen Aussichten. Auf einmal geht manches leichter, weil die Vorfreude da ist. Freude motiviert und greift um sich. Mit Vorfreude lässt es sich anders leben. Das ist Leben unter verändertem Vorzeichen, egal wie alt ich bin. Ich muss dann auch nicht mehr alles in meinem Leben unterbringen und hineinpressen, denn das Beste kommt ja eh noch. Diese Perspektive gibt Kraft inmitten aller Müdigkeit und Resignation, inmitten von Sorgen und Nöten. Als der auferstandene Jesus seinen traurigen und resignierenden Jüngern begegnet ist, da wurden diese verändert. Sie bekamen neue Kraft zu leben. Auch wenn Jesus jetzt nicht mehr leibhaftig bei ihnen war, so wussten sie dennoch: Jesu, der vom Tod auferstanden und lebt, ist uns nah. Er ist an unserer Seite. Wir als Christinnen und Christen haben jemand an der Seite, der stärker ist als alles, was uns herunterziehen will, der auch stärker ist als der Tod: Jesus selbst. Diese Perspektive lässt auch anders sterben. Das war bei der Frau mit dem Löffel in der eingangs erwähnten Geschichte so. Ich muss keine Angst vor dem Tod mehr haben. Ich brauche auch nicht bis zum Schluss zu kämpfen. Ich weiß, dieses Leben war und ist nicht alles. Der Tod ist für Gott keine Mauer, sondern eine geöffnete Tür, durch die ich gehen darf. Es geht hinein in sein Licht. Dort werde ich mit offenen Armen empfangen und in die Arme genommen. Dort bin ich Zuhause. Mein Leben hat eine Zukunft über den Tod hinaus. Ich darf getrost sein und getrost sterben. Das wird auch andere Menschen verändern. So bat die Frau in der Geschichte den Pfarrer, über den Löffel in der Hand zu predigen bei der Beerdigung. Eine solche Hoffnung und Gewissheit bleibt nicht bei einem selbst. Sie zieht Kreise. Sie ist bis zuletzt ansteckend. Dieses Leben hier ist nicht alles. Das gibt uns Paulus mit auf den Weg in den Alltag. Lebt von der verheißenen Zukunft her, von der Ewigkeit und von der Herrlichkeit. Und wenn es heute Mittag oder beim nächsten Mal Nachtisch gibt oder es heißt „Bitte behalten Sie Ihren Löffel“ dann denken Sie an die Geschichte mit der Frau und an die Botschaft: Das Beste kommt noch!
Amen.

Fürbitten: Für die einsamen Menschen, denen die Gemeinschaft mit anderen fehlt.
Für alle Mitarbeitenden im Gesundheitswesen, dass sie durchhalten in der Pandemie.
Für alle, die Verantwortung tragen in Politik und Kirchen, dass sie weise Entscheidungen treffen, die dem Leben dienen.
Für depressive Menschen, die sich nicht über den Frühling freuen können.
Für uns selbst, dass wir ohne Angst leben, weil das Beste zum Schluss kommt.

Pfarrer Johannes Hoffmann